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Das Zweite Jahr, Teil 1: Konferenz

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  Während der Frühling sich noch nicht entschließen kann, nach Estland vorzudringen, packen wir unsere Taschen. Drei Tage Fortbildung am See Pühajärv für Doktoranden der Immunologie und Virologie. Fast alle sind aus Tartu, ein paar sind aus Schweden angereist. Als wir vor dem Theater Vanemuine in den Bus steigen, der alle gesammelt Richtung Otepää bringen soll, gucken wir uns um. Eine Stunde werden wir gemeinsam in diesem Bus sitzen. Drei Tage im selben Raum verbringen, gemeinsam essen, uns Hotelzimmer teilen. Wir nehmen die Schutzmasken ab – wenn hier einer Covid-19 hat, bekommen wir es sowieso alle. Was uns alle durch das PhD-Studium begleitet sind die „PhD-Comics“ von Jorge Cham ( https://phdcomics.com/ ), die unser Doktorandenleben so schön auf den Punkt bringen. Einer dieser Comics zeigt, wie man sich je nach Karriereposition auf einer solchen Fortbildung verhält: Doktoranden im ersten Jahr machen sich Notizen und denken, dass sie die nochmal angucken würden. Doktoranden i...

Lockdown - Teil 2

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  Wir sind beide völlig frustriert und mit den Nerven am Ende. Wir kämpfen uns zurück bis zu einer Stelle, an der wir genug Empfang haben, um den Besitzer der Hütte zu erreichen. Er verspricht, uns aufzusammeln und den Weg zur Hütte zu zeigen. Als er endlich da ist, wird es gerade dunkel. Er hat Stiefel für mich dabei, eine Stirnlampe und heißen Apfelsaft. Ich wechsele die Schuhe, krame meine eigene Stirnlampe hervor und wir folgen ihm. Er ist selbst überrascht davon, wie überschwemmt alles ist und sich an einigen Stellen nicht ganz sicher, ob er wirklich den richtigen Weg genommen hat. Am Ende müssen wir noch durch einen Bach staksen. Er hat einen Baum im fast einen Meter tiefen Wasser versenkt und mit Ästen als Stütze balancieren wir hindurch. Die Hütte steht auf einer Lichtung, ein paar Meter entfernt ist ein Teich, Holz und ein Plumpsklo unter den Bäumen versteckt. „Einen Schlüssel gibt es nicht“, erklärt unser Vermieter. „Früher haben die Leute dann immer das Fenster eingesc...

Lockdown - Teil 1

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  An dem Tag, als unsere heile Welt auf den Kopf gestellt wurde, stand ich am Flughafen. Gerade hatte ich die vorletzte Prüfung meines Studentenlebens geschrieben und konnte es nicht erwarten, mit meinen Freunden in Tartu meine Geburtstagsfeier nachzuholen. Es ist Donnerstag, der 12. März 2020, morgens um acht in Hannover. Flug gestrichen. Und jetzt? Für einen Moment überlege ich, wieder nach Hause zu fahren, mich an den Schreibtisch zu setzen wie alle meine Kommilitoninnen. Neben der Prüfung ist da schließlich diese Krankheit, die sich inzwischen von China aus ausgebreitet hat. Die ist schuld, dass die Hälfte aller Flüge ausfällt. Aber meine Freundin wartet auf mich, sie hat eine einsame Hütte mitten in der estnischen Wildnis für uns gebucht, wo wir hinwandern wollen und die Chance haben, wilde Tiere zu beobachten. Ich warte seit über einem halben Jahr darauf, endlich wieder nach Estland zu können. Also mache ich mich auf den Weg. Mit dem Zug nach Berlin, von da aus nach Talli...

Was für eine Reise!

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Was für ein Trip! Von Trampen auf Färöer und Couchsurfing in Kopenhagen und Tallin ins Spa-Hotel in Pärnu. „Du kannst doch trampen und trotzdem eine Lady sein!“, sagt meine Freundin Emma.  Tatsächlich fühle ich mich aber etwas fehl am Platze in Estlands Sommerhauptstadt. Eine Nacht in einem Spa-Hotel in Pärnu zu verbringen ist recht weit oben auf der Liste seltsamer Dinge, die ich in meinem Leben schon getan habe. „Kommt ein Hippie mit Rucksack ins Wellnesshotel…“ Ich werfe meine Dreadlocks in den Nacken und bitte um einen Termin für eine Schlammbehandlung. Ist doch egal, dass die Rezeptionistin mich ihrer Kollegin gegenüber „Mädchen“ nennt, egal, dass ich den Altersdurchschnitt im Frühstücksraum morgens um sieben deutlich senke.   Ich habe ja auch keine Ahnung, wie so eine Wellnessbehandlung funktioniert. Wann macht man die Augen zu? Wie entspannt man sich? Die Masseurin jedenfalls findet mich ein bisschen komisch. Warum ich denn alleine nach Pärnu gekommen se...