Lampang



Nach nur etwa vier Stunden Fahrt in einem kräftig klimatisierten Bus auf überraschend geraden Straßen erreiche ich Lampang. Generell sind die Straßen alle sehr gut ausgebaut, ohne Schlaglöcher, eben und breit. Die Thai scheinen eine Vorliebe für breite, mehrspurige Straßen zu haben, bis zu vier in jede Richtung, Grünstreifen in der Mitte. Damit man trotzdem überall hinkommt, gibt es alle paar hundert Meter ausgewiesene Stellen für U-Turns und viele Fußgängerbrücken.
Lampang ist ähnlich wenig touristisch wie Sukhothai, aber sehr lebendig, bunt, und noch voller Weihnachts- und Neujahrsdeko.
Ich komme im Memmoth Hostel unter, das ich nur jedem empfehlen kann, der eine Unterkunft in Lampang sucht! Sowohl Bahnhof als auch Busbahnhof sind fußläufig erreichbar, was in einer Stadt ohne Tuk-Tuk, Grab (dem asiatischen Uber-Taxiservice)und mit einer verschwindend geringen Anzahl an Sammeltaxis nicht unbedeutend ist, ein Markt ist direkt um die Ecke, die Betten sind gemütlich wie in kaum einem anderen Hostel und der lichtdurchflutete Frühstücksraum im Atrium wirkt wie ein Wintergarten mit all den Pflanzen. Ob es sich beim Namen um einen Scherz, ein Wortspiel oder einen Tippfehler handelt, weiß ich nicht, das Logo des Hostels ist jedenfalls ein Mammut…


Nachdem ich ein bisschen in der Gegend rund ums Memmoth spazieren gegangen bin, nehme ich am nächsten Tag an einem organisierten Ausflug teil.
Nach ungefähr einer Stunde Fahrt steigen wir auf einen Pick-up um, der uns einen Berg hinauf bringt, auf so steilen Straßen, dass wir alle quietschen wie in der Achterbahn und uns festhalten müssen, um nicht von der Ladefläche zu fallen.
Dann geht es nochmal ungefähr dreihundert Höhenmeter auf rutschigen Metallstufen nach oben zum Wat Phutthabat Sutthawat, einer Tempelanlage mit auf den Gipfeln verstreuten Stupas und einer gigantischen Aussicht. Wir sind ungefähr 2000 Meter über dem Meeresspiegel. Als ich die Treppen wieder hinuntergeklettert bin, folge ich einem kleinen Schild zu Buddhas Fußabdruck.


Nach der rasanten Fahrt zum Ausgangspunkt bekomme ich das beste Mittagessen, das ich bisher in Thailand hatte, und schon geht es weiter in den Cheo Son Nationalpark, wo wir etwa eine halbe Stunde an einem siebenstufigen Wasserfall entlangwandern. Der Bach, in den der Wasserfall übergeht, trifft sich mit dem Flusslauf aus einer heißen Quelle – es dampft und riecht nach Schwefel, etwa achtzig Grad warm kommt das Wasser aus dem Berg. Besucher legen Körbe voller Eier in ein noch 75 Grad warmes Becken, gehen weiter unten baden und holen auf dem Rückweg ihre hartgekochten Eier wieder ab. Sogar Wasserhähne zum Abschrecken wurden aufgestellt. Zweihundert Meter weiter hat das Wasser nur noch zwischen 37 und dreißig Grad, man kann sich gemütlich in die kleinen Becken legen, die sich auf natürliche Weise gebildet haben – oder doch lieber in den Bach, in den das heiße Wasser hineinfließt, dann kann man sich genau die Wunschtemperatur aussuchen und mal ins kältere, mal ins wärmere rutschen…


Einer Infotafel zufolge hat das Wasser hier noch 75 Grad

Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir den Wat Phra That Luang, den „Tempel der großen Pagode“, der der bekannteste Tempel Lampangs ist. Neben einer großen Pagode finden sich mehrere kleinere Tempelgebäude, unter anderem mit einem Smaragdbuddha, und ein unscheinbares Häuschen, das uns unser Guide Ap unbedingt zeigen möchte. „Seht ihr das Loch über der Tür? Da fällt das Abbild der Pagode durch!“, erklärt er. Eine Camera obscura also, wenn man in dem kleinen dunklen Raum steht und die Tür schließt, kann man an der Wand das umgedrehte Bild der Pagode sehen. Das will ich mir natürlich unbedingt angucken – darf ich aber nicht: „No ladies allowed in this building!“, besagt ein Schild vor dem Eingang. 




Am nächsten Tag möchte ich den Sieben-Uhr Bus Richtung Norden nehmen, um das Elephant Sanctuary und das Elephant Hospital von Lampang zu besuchen. Doch meine Suche nach einem Frühstück auf dem Morgenmarkt dauert so lange, dass es fünf nach sieben ist, bis ich am Busbahnhof ankomme.
Ich zeige eine Landkarte mit eingezeichnetem Elefanten am Ticketschalter vor, die Verkäuferin hat das Wechselgeld für einen Hundert-Baht-Schein schon passend in der Hand. „Platform 14, now!“, sagt sie. Noch mal Glück gehabt, denke ich, und laufe los.
„Elephant?“, fragt man mich sofort, und als ich nicke, zeigen die Leute auf einen Van gegenüber. Die werden es schon wissen, ich steige also ein.
Eine halbe Stunde später werde ich direkt vor dem Sanctuary rausgelassen, dessen Eingang praktischerweise an der Autobahn liegt. Das ging alles schneller als gedacht, sodass ich noch eine halbe Stunde Zeit habe, bevor es öffnet. Hinter dem großen Eingangstor stehe ich dann vor einem verwirrenden Schild: Elephant Center: links. Elephant Hospital: links. Elephant Hospital FAE: rechts.
Ich wende mich nach rechts, zur Klinik der Friends of the Asian Elephant. Es ist das erste Elefantenkrankenhaus der Welt und spendenfinanziert. Die berühmte Mosha, die ihr Bein in einer Landmine verlor und nun als erster Elefant erfolgreich mit Prothese herumläuft, wird beispielsweise hier behandelt, auch die nicht weniger bekannte Motala, die ein ähnliches Schicksal hat, aber mit der Prothese nicht gut zurecht kommt. Ein Elefant mit Prothese kann natürlich nicht wieder ausgewildert werden, sondern muss hier im Krankenhaus leben, aber sie hat überlebt. Und sie kann laufen. Und die Klinik hat inzwischen über 2000 Fälle behandelt.

Mosha ist ziemlich mobil mit der Prothese

Da die wenigen anwesenden Mahouts kein Englisch sprechen und weit und breit kein Tierarzt zu sehen ist, beobachte ich eine Weile die Patienten, und frage mich, ob ich überhaupt hier sein darf, oder ob samstags geschlossen ist und es nur kein Tor gibt. Außer mir ist auch kein anderer Besucher hier.

Das Thai Elephant Conservation Center nebenan ist eine Touristenattraktion, Eis, Souvenirs, Erinnerungsfotos, Shuttlebus. Elefantenritte, eine Show, Baden mit Elefanten. Das gefällt mir nicht wirklich, und sich einfach ins Gras setzen und Elefanten beobachten scheint man hier nicht zu können. Aber auch das Center hat ein eigenes Elefantenkrankenhaus, in das keine wilden Tiere kommen, sondern die Elefanten aus anderen touristischen Einrichtungen. Während das „Conservation Center“ sich natürlich durch die Touristen finanziert, zahlt für die Klinik der Staat. Als ich dort ankomme, bekommt ein Elefant gerade rektal Flüssigkeit eingegeben (intravenöse Infusionen dauern einfach ewig, bei den Mengen, die so ein drei-Tonnen-Tier braucht) und ich frage die Tierärzte, warum der Patient hier ist. Nachdem ich erwähne, dass ich Tiermedizin studiere und ein Praktikum an der Mahanakorn University machen werde, werden mir nicht nur die Vorgeschichte und der Therapieplan erzählt, sondern auch zwei Praktikanten von der Uni vorgestellt. Einen Venenkatheter hat dieser Patient übrigens zusätzlich, hier kommen Antibiotika, Schmerzmittel, Glukose und Kochsalzlösung hinein – alle paar Minuten muss jemand eine neue Literflasche anhängen.

Als ich mittags Hunger bekomme, gucke ich zum ersten Mal in Thailand in meine Happy-Cow-App, in der mir zu dem Zeitpunkt nur ein Lokal mit veganen Gerichten angezeigt wird. Es scheint außerhalb Lampangs zu liegen.
Erstmal irgendwie zurück in die Stadt, nehme ich mir vor, das kann schon schwierig genug sein, denn wo gibt es überhaupt einen Bus zurück?
An der Autobahn, vor dem großen Schild, schießt gerade eine thailändische Familie Fotos. „Entschuldigung!“, rufe ich, und laufe auf die Leute zu. „Fahren sie nach Lampang City?“
Der Fahrer nickt. „Wir besuchen meinen Onkel im Krankenhaus. Wollen Sie auch in die Stadt rein?“
Und so werde ich mitgenommen.
Noch auf dem Weg ins Stadtzentrum beschließe ich, mich auf ein weiteres kleines Abenteuer einzulassen.
Die Tüte schützt Motalas Bein vor Infektionen

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