Urlaub in Sukhothai

Der Flughafen von Sukhothai
Nach dem Smog, Staub und Chaos Bangkoks brauche ich erstmal Urlaub, beschließe ich. Genau dafür bin ich ja ohne Plan und ohne Begleitung unterwegs – ich kann spontan entscheiden, wann ich was machen will. Also steige ich am Montagmorgen um sieben in ein kleines Propellerflugzeug in dem sich außer mir nur zwei andere Touristen befinden, und fliege nach Sukhothai, das  ungefähr in der Mitte des Landes liegt.


Der Flughafen ist winzig, in kleinen Wägen werden wir vom Rollfeld zum Häuschen gefahren, unser Gepäck wird uns direkt vor die Füße gestellt und direkt daneben grasen Rehe, Zebras und Giraffen in großen Gehegen.

Ein Gefährt, das wohl irgendwas zwischen Safari-Jeep und Minibus darstellt, bringt mich in ein Hotel mit Pool und Spa. Ach, wie schön, wenn die Eltern vor Abreise sagen: „Bitte schön, davon nimmst du dir mal ein Hotel!“
Der Weg vom Flughafen dorthin führt zwischen Feldern und Wiesen an eher vereinzelt stehenden Häusern vorbei, das Gemüse und die Kräuter für das angeschlossene Restaurant kommen aus dem eigenen Garten. Die Luft in der ersten Hauptstadt Thailands (vor Ayutthaya und Bangkok) ist gut, es liegt keine Dunstglocke mehr über mir und die Wolken, die wohl noch von dem Sturm im Süden Thailands nach Norden getrieben sind, haben sich verzogen.
Von besagtem Sturm habe ich übrigens nichts mitbekommen, ich konnte mich nur darüber wundern, dass sich so viele Leute erkundigten, ob ich auch gut angekommen sei.
Ich lasse  mich in Städten immer gerne treiben – in Bangkok kann man sich nicht treiben lassen. Martin Schacht schreibt in seiner Gebrauchsanweisung für Thailand: „An Ort A ist es toll und an Ort B auch, dazwischen ist es hässlich und laut…“

In Sukhothai kann ich sehr wohl einfach die Straße auf und ab laufen und abbiegen, wo es interessant aussieht. Es ist eher Asien, wie ich es aus Nepal und Myanmar kenne: Wo man als einzige Europäerin und einzige Spaziergängerin von allen neugierig, aber freundlich angestarrt wird, und hin und wieder ein zwei- bis vierrädriges Gefährt anhält und man eine Mitfahrgelegenheit angeboten bekommt. Wo die Besitzerin eines kleinen Lokals an einer Straßenecke gleich fragt, wie lange man hier ist und wo man als nächstes hinfährt und dann hinzufügt, dass man beim nächsten Mal doch auch hier wohnen könnte.


Ich liebe die Momente, in denen ich aus der Masse der Backpacker herausfalle, wenn ich sage: „Nein, auf Ko Phangan war ich noch nicht, wahrscheinlich fahre ich auch nicht hin. Jetzt geht es erstmal nach Sukhothai.“
Und der Mitbewohner im Hostel sagt nur: „Wo ist das denn, habe ich noch nicht von gehört…“

Die Stadt ist sehr weitläufig und besteht aus einem neuen und einem alten Teil, zwischen denen ein kleiner „local bus“, ein halboffenes Gefährt mit Holzdach, in dem sich die Fahrgäste auf zwei Bänken gegenüber sitzen, die zwölf Kilometer hin- und her fährt. In der Altstadt finden sich Hostels, die Markthalle, kleine Läden, Restaurants für Touristen, Fahrradverleihe und der historische Park.
Es ist eine alte Tempelanlage mit zahlreichen Ruinen und vormittags sind hier noch relativ wenige Leute unterwegs. Natürlich sind da ein paar andere Touristen und Gärtner, später auch die obligatorische chinesische Reisegruppe in einheitlichen auffälligen T-Shirts. Aber man kann sich in Ruhe an einen der vielen Teiche setzen und ein bisschen Ruhe genießen. Auch außerhalb des eigentlichen Parks kann man an Ausgrabungen und rekonstruierten Pagoden vorbeiradeln, draußen zwischen Feldern, Waldstücken, kleinen Häusern und ausgetrockneten Gewässern stößt man nur noch auf wenige Menschen – aber sie alle lächeln.

Dank eines Zettels, auf dem „vegetarisch, kein Ei“ in Thai steht, bekomme ich an einem kleinen Straßenlokal eine leckere Nudelsuppe zu Mittag, bevor ich über den Markt schlendere und zwischen den bunten Häusern in engen Straßen gemütlich weiterfahre.
Es ist schon ziemlich cool, Anfang Januar bei fünfundzwanzig Grad im Schatten einer Palme zu stehen und frittierte Banane zu essen, während um einen herum die Vögel laut durcheinanderzwitschern!


Die „new city“ ist größer, und obwohl es auch hier ein paar Hotels gibt und viele Schilder auf Englisch sind, ist dieser Teil Sukhothais eindeutig nicht für die Touristen ausgelegt, sondern für die Einheimischen. Deshalb will ich hier zu Mittag essen. Ich laufe einfach los Richtung Stadt, irgendwann wird schon ein Bus kommen, denke ich. Nach ein paar hundert Metern hält ein Geländewagen neben mir an. „Where you going?“, fragt mich der Fahrer in gebrochenem Englisch. Der Mann, der sich vorstellt als „Ford, wie mein Auto“, nimmt mich mit bis zum Busbahnhof und hilft mir, ein Ticket zu kaufen, bevor er mich in der Nähe des Marktes absetzt. Natürlich bekomme ich auch seine Visitenkarte, sollte ich jemals Agrarchemikalien kaufen wollen, und wir werden Facebook-Freunde. Dann bin ich also auch in Thailand mal per Anhalter gefahren!


Auf dem Rückweg erwische ich einen Schulbus, dreißig Kinder quetschen sich zu mir, alle in Uniform, schwarzen Schuhen, sogar die Rucksäcke sind einheitlich und mit dem Namen der Schule bedruckt.
Und das war er schon, mein Urlaub in Sukhothai. Nächste Station: Lampang!

Martin Schacht
Gebrauchsanweisung für Thailand
PIPER Verlag, 237 Seiten
3. Auflage 2017
15 Euro

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