Mit dem Zug nach Ayutthaya



„Ayutthaya: no number no seat!“ Der Schaffner gibt mir mein Ticket wieder zurück und nimmt das meines gegenübers an. „Ayutthaya: no number no seat!“
Soll heißen: keine Sitzplatzreservierung. Die Fahrt von Hua Lamphong, Bangkok, in die ehemalige Hauptstadt Ayutthaya ist zu kurz.

Morgens um viertel vor sieben bin ich aufgebrochen, mit Taxi und Syktrain hierher an den Bahnhof, von dem stündlich der Zug fährt, den ich nehmen will – wann, weiß ich nicht genauer. Aber der Blog, dessen Tipps ich gefolgt bin, beschreibt sogar, wo sich der Ticketschalter befindet – ich habe keinerlei Planung in diesen Ausflug gesteckt. Kaum am Schalter angekommen, wird mir gesagt: „Gleis elf, Abfahrt in drei Minuten, das ist hier links rum.“
Perfekt! Ich bin inzwischen meiner ursprünglichen Schätzung über eine Stunde voraus. Ein Sitzplatz ist auch frei und knapp zwei Stunden später sind wir in Ayutthaya.

Der Zug ist eigentlich wie in Deutschland auch, heiß, voll, verspätet und alle paar Minuten kommt einer, der uns Kaffee verkaufen will. Aber man kann die Fenster aufmachen, und statt kaputter Klimaanlage gibt es funktionierende Ventilatoren.
In Nong Chok habe ich diesmal einen anderen farang gesehen – wir sind uns einmal beim Joggen im Park begegnet und einmal in einem Restaurant. In Ayutthaya dagegen wimmelt es natürlich vor Touristen. Nach Sukhothai war Ayutthaya von 1351 bis 1767 Hauptstadt von Siam (also jetzt Thailand). Ich fülle erstmal meine Wasserflasche an dem kostenlosen Trinkwasserspender am Bahnhof auf, kämpfe mich an den Tourguides vorbei, die sich mir aufdrängen wollen und finde schließlich einen Tuktuk-Fahrer, der nach einiger Diskussion einverstanden ist, mich einfach nur in der Altstadt abzusetzen und nicht den ganzen Tag herumzufahren.

Wat Maha That

Am Wat Maha That angekommen, atme ich erstmal auf. Auf dem Gelände dieses alten Tempels verteilen sich die Besuchermassen gut, und obwohl zu den Ausländern auch noch die Wochenendausflügler aus Bangkok kommen, ist es nicht so voll, wie ich befürchtet hatte. Der Wat Maha That wurde im Krieg gegen Burma zerstört, und die Köpfe der meisten Buddhastatuen wurden gestohlen. Ein Kopf blieb allerdings vor einem Baum liegen – und ist jetzt, Jahrhunderte später, zwischen den Wurzeln eingewachsen, zu einer der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt geworden.


Wieder auf der Straße muss ich mich einer neuen Flut Tourguides stellen, die mir alle davon abraten, ein Fahrrad zu mieten, es sei ja so heiß. Aber Ayutthaya ist ideal mit dem Fahrrad zu erkunden – die Stadt ist klein, und nicht nur im historischen Park, sondern überall in der Stadt, zwischen den Wohnhäusern oder hinter einer Baustelle, tauchen immer wieder Tempelruinen auf. Und gerade diese versteckten sind wahre Oasen der Ruhe!

Wat Suwannawas

Ein weiteres Wahrzeichen des UNESCO-Welterbes: der Wat Rachaburana. Hier entstehen offenbar jede Menge Fotos, die dann auf Instagram gepostet werden. 

Wat Rachaburana

Am Wat Phra Ram setze ich mich eine Weile in den Schatten und genieße einfach die Atmosphäre, denn ich habe diesen Tempel ganz für mich.


Wat Phra Ram

Auch im Museum bin ich die einzige Besucherin, abgesehen von zwei zwölfjährigen Jungs, die mit mir den Info-Film angucken und mir aus einem Laden, der Teil der Ausstellung ist, Spielzeug-Kaffee verkaufen.


Beim Wat Si Sanphet sieht es schon wieder ganz anders aus, denn er gilt als wichtigster Tempel Ayutthayas: er steht direkt neben dem damaligen Königspalast. Doch auch der ist so groß, dass man nicht in Menschenmassen untergeht. 


Ich radle ein bisschen durch die Stadt, an einen der Flüsse, über den Markt, zu einem wunderbaren veganen Restaurant (wo ich auch alleine bin, da es schon viel zu spät fürs Mittagessen ist) und zu einem alten Tempel, der noch in Betrieb ist: dem Wat Thammikarat. Neben der Ruine wurde ein  neuer Tempel gebaut und auch der große liegende Buddha hat ein moderneres Gebäude. Von einem Mönch bekomme ich meine Flasche wieder aufgefüllt und eine der Verkäuferinnen von Opfergaben hat offenbar Mitleid mit mir, weil ich alleine bin, denn sie besteht darauf, Fotos von mir zu machen und mir zu zeigen, wie ich Räucherstäbchen opfere. 




Als ich wieder am Bahnhof ankomme, habe ich genauso Glück wie morgens: Der Fahrkartenverkäufer drückt mir das Ticket in die Hand, sagt: „Lauf, der steht da noch!“, und winkt dem Schaffner zu. Zwei Zugbegleiter stehen auf den Gleisen, die man überqueren muss, um zum Zug zu kommen, und sie begleiten mich hinüber. Auch jetzt finde ich sofort einen Sitzplatz.
Und in Bangkok zeigt sich, dass ich inzwischen im Feilschen schon besser geworden bin. Es ist am Bahnhof kein Mopedtaxi aufzutreiben, aber die Tuktuks wollen mich alle für das Doppelte von dem, was ich in der Früh gezahlt habe, zum Skytrain fahren. Ich lache sie ein bisschen aus und gehe einfach weiter – und tatsächlich fährt mir einer hinterher und gibt nach: „Ok, ok, 100 Baht!“ Na bitte, geht doch.


Kommentare

Beliebte Posts

Zwischen Palmen und Plastikmüll

Essentials for your Estonian accent - a not-so scientific approach to linguistics

Life in Estonia, Part 15: Viljandi Folk